„Schon vorbei? Mein Pferd hatte mir noch so viel zu zeigen!“ (Dentalphobie)

Vorwort

Wenn andere Menschen von meiner Tätigkeit als Hypnosetherapeut erfahren, ist die Neugierde oft sehr groß. Ich höre oft dieselben Fragen: Was macht ein Hypnosetherapeut? Was ist die Hypnose überhaupt? Kann die Hypnose mir wirklich bei körperlichen und seelischen Problemen helfen? Wie läuft so eine Therapie eigentlich ab?

In den „Geschichten aus der Praxis“ möchte ich die letzte Frage beantworten und Ihnen jeden zweiten Sonntag einen Einblick in die hypnotische Arbeit geben. Dabei lege ich selbstverständlich sehr großen Wert auf Diskretion und halte die Identität meiner Klienten geheim. Ich verändere dafür die Personendaten (Name, Alter etc), oder halte sie absichtlich sehr vage, um meine Klienten zu schützen.

In den Geschichten werden Sie auf sog. „Archetypen“ treffen, die man auch als Persönlichkeitsteile, oder Ich-Anteile bezeichnen könnte. Sie zeigen sich in der Form von Menschen, Gegenständen, Tieren, oder Fabelwesen und dienen uns als „Sprachrohr des Unbewussten“. Sie geben uns wichtige Informationen und helfen uns bei der Bewältigung unserer Ängste, oder Konflikte.

Im Hypnose-FAQ habe ich Ihnen alles Wissenswerte über unsere unbewussten Helfer zusammengefasst – hier erfahren sie alles zur inneren Weisheit, der Tiefenperson und dem Saboteur.

„Schon vorbei? Mein Pferd hatte mir noch so viel zu zeigen!“

Die erste vorgestellte Therapie ist in Zusammenarbeit mit Carree Dental zustande gekommen. Eine junge Dame kam zu mir, da sie eine sehr starke Angst vor Zahnärzten entwickelt hat und für die bevorstehende Wurzelbehandlung hypnotische Unterstützung suchte. Wie auch die zukünfigen Einblicke in meine Arbeit, bekommt auch Diese als Überschrift ein prägnantes Zitat des Klienten: „Schon vorbei? Mein Pferd hatte mir noch so viel zu zeigen!“

Durch die Kooperation mit Carree Dental kam Nicole (Name geändert) zu mir. In der zahnärztlichen Behandlung verkrampfte sie die Hände so stark, dass die Fingernägel trotz des Stressballs, der stets in ihrer Hand lag, deutliche Druckspuren auf der Haut hinterließ. Besonders stark reagierte Nicole auf das Einsetzen des Bohrers. Das alles erschwerte die Arbeit der Zahnärztin natürlich, wodurch die Behandlung nochmal stark in die Länge gezogen wurde.

Nach Anraten der Zahnärztin meldete sich Nicole bei mir und wir starteten mit der vorbereitenden Hypnosesitzung.

Nicole erzählte mir, dass sie ein paar Jahre zuvor eine schlimme Erfahrung beim Zahnarzt gemacht hat. Ihr sollte ein Weisheitszahn gezogen werden, wovor Nicole eine starke Angst hatte. Trotz der 8 Beteubungsspritzen konnte sie den Schmerz immer noch spüren. Der Zahnarzt war dabei wenig einfühlsam und zog den Zahn, obwohl Nicole stark zitterte.

Die Hypnose

Hypnose beim Zahnarzt: „Mein Pferd hatte mir noch so viel zu zeigen“ Zeichnung von Stefanie Grundmann

Wir starteten mit der imaginativen Arbeit und waren auf dem Weg zu dem, was das Unbewusste „die innere Weisheit“ nennt. Da entdeckt Nicole ihr Pferd, das in Wirklichkeit schon verstorben war. Sie begann zu weinen und ritt auf dem Pferd eine große Runde, was sie sehr genoss. Im Anschluss gingen wir weiter zur weisen Instanz, die sich als ein helles Licht zeigte. Auf die Frage, was wir machen müssten, um die bevorstehende Zahnarztsitzung bestmöglich zu bestehen, sagte ihr das Licht: „Wenn du mich siehst, setze dich nur auf dein Pferd und reite!“.
So suggerierte ich ein neues Bild, indem sie eine Nicole kennenlernte, die dasselbe Problem hat wie sie und das befolgt, was die innere Weisheit gesagt hat. Dieser Nicole ging es gut und sie war völlig angstfrei. So beschrieb Nicole, was sie sah und wie das Setting beim Zahnarzt aufgebaut sein sollte: Wer ist noch im Raum? Was muss die Zahnärztin beachten? Wo sitzt Herr Brocher? Ich ließ mir alles genau beschreiben: Ihre Mutter sollte am linken – Herr Brocher am rechten Fußende sitzen, die Hypnosemusik laufen und die Zahnärztin sollte ihre Arbeitsschritte kurz ansprechen. Mehr sei nicht notwendig. So lösten wir die Hypnose auf und vereinbarten den Zahnarzttermin.

Der Termin beim Zahnarzt

Nicole erschien mit ihrer Mutter sehr pünktlich und war sehr aufgeregt. Wir gingen zügig ins Behandlungszimmer, wo die Zahnärztin die örtliche Betäubung setzte und uns 20 Minuten Zeit für die Hypnose gab. Das Setting wurde so aufgestellt, wie sie es in Hypnose beschrieben hatte: ihre Mutter und ich saßen am Fußende, die Hypnosemusik lief. Nicole mochte den Stressball jedoch wie immer in die Hand gelegt bekommen. Sie ging sehr schnell in eine sehr tiefe Hypnose. Wie besprochen ging sie direkt zum Pferd, welches sie „auf eine Reise mitnahm“, wie ich suggerierte. Die Zahnärztin kam ins Behandlungszimmer, begrüßte Nicole kurz und fing mit der ersten der drei Füllungen an. Des Weiteren musste noch eine Wurzelbehandlung durchgeführt werden. Nicole blieb für die ganze Behandlung (ca. 40 Minuten) vollkommen entspannt. Auch mit dem Einsetzen des Bohrers änderte sich daran nichts, der Stressball lag in der geöffneten Hand.

Nach der Behandlung lösten wir die Hypnose langsam auf. Nicole kam wieder komplett zurück und war überrascht „Schon vorbei? Mein Pferd hatte mir noch so viel zu zeigen!“. Wie Nicole berichtete, hörte sie die Geräusche nur aus weiter Entfernung. Sie hatte nur mitbekommen „dass da irgendwas mit dem Kopf war“, was sie aber nicht weiter interessierte, da sie die Reise mit dem Pferd so genossen hat. Sie war noch immer sichtlich irritiert, dass die Behandlung schon vorbei war.

Auch spannend: Wie Michael seine Höhenangst verlor: „Jetzt habe ich voll Lust Fallschirm zu springen!“ und  „Die Geburt war ein Traum!“.

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