Es fiel mir gar nicht so schwer – eigentlich ganz leicht! (Kokainkonsum)

Der liebe Marcel ist mittleren Alters und kam vor ein paar Monaten zu mir. Er hatte als Jugendlicher immer mal wieder Kontakt mit Drogen wie Marihuana, Ecstasy und Speed. Er litt nie wirklich darunter, da seine Erfahrungen immer gut waren. Auch hatte er nie das Gefühl eine Abhängigkeit zu entwickeln. 

Vor ca. zwei Jahren starb sein Vater, was ihn natürlich sehr belastete. Um sich abzulenken suchte er einen Freund auf, mit dem er dann regelmäßig auf Partys ging und dabei ebenso regelmäßig Kokain konsumierte. Als diese Partyphase nach einem halben Jahr vorbei war, fing das eigentliche Problem an: Vor allem in Verbindung mit Alkohol nahm Marcel häufig auf Geburtstagsfeiern, oder ähnlichem, Kokain, da er sich damit wacher und aufnahmefähiger – einfach besser – fühlte. Er konsumierte immer für sich alleine, dabei aber nur geringe Mengen. Niemand bemerkte auf den Feiern seinen Konsum, noch fiel Marcel in irgendeiner Art negativ auf.  Wenn er alleine zu Hause war, sah die Sache aber anders aus: Hier konsumierte er deutlich größere Mengen Kokain in Verbindung mit Alkohol. Einzig seine Freundin wusste über sein Problem Bescheid und sie ermutigte ihn zur Therapie. So kam Marcel zu mir. 

Für mich stellte sich die Frage, ob er sich vielleicht noch immer vom Tod des Vaters ablenken möchte, oder ob er das eigentlich schon verarbeitet hatte und es nur noch zu einer „Gewohnheit“ wurde. 

Er hatte immer mal wieder versucht aufzuhören, was ihm sehr schwerfiel. Sein Rekord waren 11 Tage, worauf er damals auch sehr stolz war. Nach so einer langen Abstinenz war die Verführung zu konsumieren aber wieder sehr stark, weil das Kokain dann wesentlich intensiver wirkte und ein besseres Gefühl verlieh als sonst. Von der Hypnose versprach sich Marcel eine Hilfe um länger durchzuhalten. Ihm war aber auch bewusst, dass ich kein Zauberer bin und ihn auf seinem Weg nur begleiten kann. 

Die Hypnose

Ich suche mit Marcel am Anfang immer erst einmal eine Ressource, etwas Positives, was uns bei dem Treffen mit dem Symptom hilft. Als Ressource fanden wir einen hellblauen Raum, der unendlich groß zu sein schien. Hier geht es Marcel sehr gut, leichter und freier. Danach holen wir den Teil von Marcel dazu, der das Kokain nimmt, um sich auf einer Party gut und leicht zu fühlen. (Zur Erklärung: Um eine Grenze zu schaffen und verhandeln zu können, lassen wir den Teil, um den es geht, als eigenständige Person erscheinen. Diese Art Abspaltung (zwischen „gesundem Marcel“ und dem Marcel, der Kokain nimmt) nennt man „Dissoziation“.)

Doch als der zweite Marcel scheint, passiert etwas Unerwartetes: Die blaue Farbe verschwindet ganz plötzlich. Wir begrüßen den anderen Marcel erst einmal und erzählen ihm von der blauen Farbe und dem leichten Gefühl, das sie auslöst. Er erzählt uns, dass er eigentlich gar nicht da sein wolle und auch gerne in Kontakt zur Farbe gehen würde, um sich leicht zu fühlen. (Anmerkung: Dass der Kokain-Marcel eigentlich gar nicht da sein will, zeigt deutlich, dass das Unbewusste bereit ist den Kokainkonsum abzulegen) 

So zeigen wir dem Marcel wie er sich entspannen kann und so auch in Kontakt zur Farbe kommt. Als er das tut, entwickelte sich ein neues Bild, indem sie zusammen einen Strand entlang gehen, während sich der Himmel und das Wasser wieder in dem Blau zeigen, wie der Raum zuvor. Nach ein paar Minuten wird der „Kokain-Marcel“ traurig. Jetzt, wo Marcel auch ohne Kokain das Gefühl der Leichtigkeit fühlen kann, würde er ja nicht mehr gebraucht. Marcel nimmt ihn in den Arm, worauf hin sich der „Kokain-Marcel“ auflöst. Plötzlich alleine zu sein, fühlt sich für Marcel am Anfang noch fremd an. 

Ich gebe Marcel nach der Hypnose die Aufgabe in der nächsten Zeit in Selbsthypnose immer mal wieder an den Strand gehen, sich dort wohl zu fühlen und zu spüren, dass er von nun an aus eigener Kraft in die Leichtigkeit finden kann. 

Der zweite Termin

Knapp zwei Wochen später sehen wir uns zum zweiten Termin. Marcel hatte seit unserem Termin kein Kokain mehr genommen. 16 Tage am Stück – neuer Rekord! Das Verrückte ist, dass er sich das wesentlich schwieriger vorgestellt hatte. „Ich habe mir durch die Hypnose keine Wunder versprochen, aber eine Hilfe erhofft. Aber dass es so schnell geht, habe ich nicht erwartet. Es fiel mir gar nicht so schwer, wie gedacht.“ Er war in der Zwischenzeit auch auf einer Party, hat aber auch da nichts genommen. Des Weiteren sei er „irgendwie ruhiger und ausgeglichener“, sagt er. Er hat zwei Mal die Selbsthypnose gemacht, was auch sehr gut funktionierte. Der zweite Termin ist also eigentlich nicht mehr nötig. Um Marcel in seiner Selbstständigkeit weiter zu unterstützen, erzähle ich ihm von der inneren Weisheit und lade ihn ein diese einmal kennenzulernen. Zusammen mit der Weisheit kann er in Zukunft noch weitere Probleme lösen, ohne von mir abhängig zu sein. Gesagt – getan!

Die Hypnose

Wir starten noch einmal bei der blauen Farbe, erzählen ihr von der inneren Weisheit und bitten darum, sie erscheinen zu lassen. Die Weisheit zeigt sich in Form eines kleinen, grünen, quirligen und gut gelaunten Kobolds. Zu Beginn fällt es Marcel (verständlicherweise) ausgesprochen schwer den Kobold ernst zu nehmen, nach einer Zeit geht das aber. Der Kobold ist schon aus sich selbst heraus so gut gelaunt, dass er kein Kokain braucht um glücklich zu sein. Die gute Laune des Kobolds ist so ansteckend, dass Marcel von Herzen anfängt zu lachen (was auch mich wiederum ansteckte).

Der Kobold gab Marcel zu verstehen, dass er das Kokain nie wieder brauchen werde. Wenn er sich gut fühlen will, solle er einfach den Kobold, oder die Farbe aufsuchen. Wir konnten die Therapie somit als erfolgreich beendet ansehen. 

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